Masterstudiengang "Drug Regulatory Affairs"

Master-Thesis

Klinische Prüfungen mit Medizinprodukten unter Verordnung (EU) 2017/745 aus der praktischen Perspektive ***

Dr. Berit Grützke (Abschlußjahr: 2022)

Zusammenfassung
Sprache: Deutsch
Am 25.05.2017 ist die Verordnung (EU) 2017/745 über Medizinprodukte (Medical Device Regulation, MDR) in-Kraft getreten und hatte vor einem Jahr, am 26.05.2022, Geltungsbeginn. Die Regulation ist das Ergebnis einer umfassenden Überarbeitung des EU-Rechtsrahmens für Medizinprodukte mit dem Ziel, den regulatorischen Rahmen klarer zu gestalten, sowie die Qualität und Sicherheit von Medizinprodukten zu verbessern und gleichzeitig dem technologischen Fortschritt Rechnung zu tragen.
Diese Arbeit untersucht anhand von Vergleichen der alten und neuen Rechtsinstrumente sowie Befragungen an der Umsetzung von klinischen Prüfungen beteiligter Parteien die Auswirkungen der MDR auf klinische Prüfungen mit Medizinprodukten in der Praxis, unter den gegenwärtigen Bedingungen.
Stellvertretend für alle EU-Mitgliedstaaten (MS) wird die Situation in Österreich, Deutschland und Polen betrachtet.
Der größte Nachteil des alten Rechtsrahmens bestand in dem großen Interpretations- und Umsetzungspielraum, den die beiden EU-Richtlinien, Richtlinie 90/385/EWG über aktive implantierbare Medizinprodukte (Active Implantable Medical Devices Directive, AIMDD) und Richtlinie 93/42/EWG (Medical Device Directive, MDD), ließen. Die daraus folgende, sehr heterogene Ausgestaltung des Medizinprodukterechts der MS, hatte eine unübersichtliche regulatorische Landschaft für klinische Prüfungen zufolge, die insbesondere MS-übergreifende Projekte kompliziert machte.
Durch die MDR werden für klinische Prüfungen wichtige Grundlagen einheitlich geklärt und Prozesse zentral vorgegeben. Außerdem wird durch die gestiegenen Anforderungen an die klinische Bewertung die Relevanz und Notwendigkeit klinischer Prüfungen für den Marktzugang von Medizinprodukten erhöht. Die MDR zielt so auf eine Verbesserung der Datenqualität und somit Produktsicherheit ab.
An einigen für die konkrete praktische Umsetzung von KP relevanten Stellen, z.B. rund um den Bewilligungsprozess durch Bundesoberbehörden und Ethikkommissionen und die Regelungen für die neu eingeführten "sonstigen" klinischen Prüfungen, lässt die Regulation durch Öffnungsklauseln oder gesetzgeberische Handlungsaufträge jedoch so viel Spielraum, dass die Harmonisierung wichtiger Vorgaben und Abläufe praktisch wieder in die Hände der einzelnen MS gelegt wird.
Die Gesetzgeber haben den Gestaltungsspielraum bei der Überarbeitung des nationalen Medizinprodukterechts im Lichte der MDR maximal unterschiedlich genutzt. Ihr Fokus scheint vorwiegend auf der Erhaltung bewährter Regelungen des eigenen alten Rechtsrahmens sowie punktuellen Ausbesserungen, und wenig auf übernationale Harmonisierung ausgerichtet gewesen zu sein.
Im Ergebnis unterscheiden sich die meisten Regelungen zu klinischen Prüfungen, die nicht durch die MDR vorgegeben werden, wie auch zuvor deutlich zwischen den drei MS. Für die praktische Durchführung von KP ändert sich dadurch, abgesehen von punktuellen Neuerungen, aktuell vergleichsweise wenig.
Insgesamt betrachtet können die Neuerungen in Bezug auf KP z.T. durchaus zu mehr Produktsicherheit und einem verbesserten Verständnis der regulatorischen Vorgaben beitragen. Für den Marktzugang innovativer Produkte werden die gestiegenen Anforderungen an die klinische Bewertung und vergleichsweise unzureichende Vereinfachung von Prozessen hingegen eher ein Hindernis darstellen.
In Bezug auf die aktuelle Situation lässt sich zusammenfassen, dass der Weg der Verbesserung zwar eingeschlagen, jedoch insbesondere in Hinblick auf Harmonisierung nicht konsequent zu Ende gegangen wurde. In Summe scheint ein Missverhältnis zwischen dem betriebenen Aufwand und dem Ergebnis zu bestehen.
Dies ist jedoch nur ein Zwischenfazit, denn noch ist die MDR nicht vollständig implementiert und Neuerungen mit großem Verbesserungspotenzial für klinische Prüfungen stehen noch bevor: Die Inbetriebnahme des EUDAMED-Moduls für klinische Prüfungen und die Implementierung des koordinierten Bewertungsverfahrens für klinische Prüfungen, die in mehreren MS durchgeführt werden, werden sicherlich zur weiteren Optimierung der Kommunikation und Vereinheitlichung des Antrags- und Genehmigungsprozesses führen.
Seiten: 85
Annexe: 6, Seiten: 280

Download Master-Thesis (PDF, 5 MB)