Förderung wissenschaftlicher Arbeit

Verleihung der Walter-Cyran-Medaille 2019

Dr. Jean-Louis Robert




Laudatio für Herrn Dr. Jean-Louis Robert zur Verleihung der Walter-Cyran-Medaille 

Sehr geehrte Damen und Herren,
Wie Sie wissen, ehrt die DGRA Persönlichkeiten, die sich besondere Verdienste auf dem Gebiet „Regulatory Affairs“ gemacht haben, mit der Verleihung einer Medaille, die sie zur Würdigung seiner bleibenden Verdienste nach dem deutschen Apotheker und Lebensmittelchemiker Walter Cyran benannt hat.

Es ist mir eine besondere Freude, Ihnen heute den diesjährigen Preisträger, Herrn Dr. Jean-Louis Robert, vorstellen zu dürfen.

Dr. Robert hat an der Universität Basel Chemie studiert und wurde dort 1976 mit einer Arbeit auf dem Gebiet der bio-organischen Chemie promoviert. Nach weiterer wissenschaftlicher Tätigkeit an der ETH Zürich war er zunächst ein Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Merck Darmstadt tätig, bevor er sich entschloss, in den luxemburgischen öffentlichen Gesundheitsdienst einzutreten. Dort war er seit 1978 im offiziellen Arzneimittelprüflabor tätig, dessen Leiter er bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2015 war. Zu seinen Aufgaben zählte neben der Arzneimittelprüfung auch die wissenschaftliche Bewertung des Qualitätsdossiers, insbesondere im Rahmen des zentralen Verfahrens.
 
Kurz nach dem Ende des 2. Weltkriegs als Sohn eines luxemburgischen Vaters und einer französischen Mutter geboren, ist Dr. Robert überzeugter Europäer. Es war daher nur folgerichtig, dass er sich von Beginn seiner beruflichen Karriere an für eine europäische Harmonisierung und Zusammenarbeit im Arzneimittelbereich einsetzte und seit Beginn der 90er Jahre bis heute engagiert für die internationale Harmonisierung auf Ebene der ICH tätig ist. So hat er von 1986 zunächst als Mitglied – damals noch in Brüssel und unter der Ägis der Europäischen Kommission – und von 1995 bis 2017 als Vorsitzender der Joint CHMP/CVMP Quality Working Party bei der EMA in London maßgeblich die Entwicklung von Qualitätsleitlinien auf europäischer Ebene vorangetrieben und beeinflusst. Dr. Robert war ebenfalls seit 1995 Mitglied des CHMP, bis 2004 als Vertreter Luxemburgs, und danach bis 2017 als für die Qualität kooptiertes Mitglied.

Auf internationaler Ebene war Dr. Robert als EU Topic Leader oder Rapporteur maßgeblich an der Erarbeitung bzw. Revision einer Vielzahl von ICH Leitlinien zur Qualität beteiligt – seine Beiträge zur Erarbeitung der Leitlinie zum Qualitätsteil des Common Technical Document gar nicht zu erwähnen. Bei den ICH Treffen hat er immer wieder insbesondere seine amerikanischen Kollegen durch seine Sprachgewandtheit beeindruckt, wenn er in informellen Austauschen in Abhängigkeit vom Gesprächspartner übergangslos zwischen Englisch, Deutsch und Französisch wechselte, was seine Kollegen zu der Frage veranlasste, in welcher Sprache er wohl träume.

Neben diesen anspruchsvollen und zeitaufwändigen Aktivitäten war oder ist Dr. Robert jedoch auch in anderen europäischen Gremien tätig: von 1983 bis 2015 war er Mitglied der Expertengruppe 10B der Europäschen Arzneibuch-Kommission, einer Gruppe, die sich mit der Erarbeitung von Monografien für chemisch-definierte Arzneistoffe befasst. Er war ebenfalls Mitglied der Arbeitsgruppe P4, einer auf Behördenverteter beschränkten Expertengruppe, die in enger Zusammenarbeit mit dem jeweiligen Innovator Monografien für noch unter Patentschutz stehende Substanzen erarbeitet. Seit 1995 war Herr Robert luxemburgisches Mitglied der Europäischen Arzneibuch-Kommission und von Juni 2013 bis Juni 2016 deren Vorsitzender, ein Amt, mit dessen Übernahme er in die Fußstapfen seines Vater Léon Robert trat, der bereits von 1971 – 1974 diese verantwortungsvolle Aufgabe innegehabt hatte. Darüber hinaus war Dr. Robert von Beginn an mit seinem luxemburgischen Labor engagiert an den Aktivitäten des vom EDQM koordinierten Netzwerks der Europäischen öffentlichen Arzneimittelprüflabore beteiligt, das vor 25 Jahren gegründet wurde.

Jean-Louis Robert war ebenfalls einer der Visionäre, die vor inzwischen mehr als 25 Jahren die Etablierung des Zertifizierungsverfahrens „Certification of suitability to the monographs of the European Pharmacopoeia“, bekannt als das CEP-Verfahren, vorangetrieben haben. Das CEP-Verfahren wird heute von Zulassungsbehörden und von Wirkstoff- und Arzneimittelherstellern innerhalb und außerhalb Europas gleichermaßen geschätzt, da es durch die gemeinsam mit Qualitätsassessoren der nationalen Behörden durchgeführte zentralisierte Bewertung der Wirkstoffqualität für alle Beteiligten zu einer Vereinfachung des Zulassungsverfahrens sowie des Life-Cycle Managements von Arzneimitteln führt. Dr. Robert war langjährig Mitglied des CEP-Steering Committees, dessen Vorsitzender er heute noch ist.

Natürlich muss an diese Stelle erwähnt werden, dass er seit 2004 auch beratend für die WHO tätig ist – als Mitglied der Expertengruppe für die Spezifikation von pharmazeutischen Produkten, die neben WHO Empfehlungen zu Qualitätsaspekten auch die Texte und Monografien der International Pharmacopoeia erarbeitet.

Inzwischen werden Sie sich fragen, wie viele Arbeitstage Dr. Robert wohl in Brüssel, London, Straßburg oder Genf verbracht haben mag, wie viele Reisekilometer im Rahmen seiner Tätigkeit für die ICH wohl zusammengekommen sein mögen. Aber neben all seinem Einsatz auf europäischer und internationaler Ebene war er auch in Luxemburg sehr präsent und in viele Institutionen und Gremien zum Schutz der öffentlichen Gesundheit involviert, z.B. als Mitglied im luxemburgischen Ethik-Komitee für klinische Forschung, der luxemburgischen Anti-Doping Agentur und als Experte im Vorstand des Centre de Recherche Public Santé. Nur am Rande sei hier noch auf seine Ernennung zum ausländischen korrespondieren Mitglied der französischen Académie Nationale de Pharmacie hingewiesen.

Dr Jean-Louis Robert hat unzweifelhaft großen Einfluss auf die Definition der Anforderungen an die pharmazeutische Qualität von Arzneimittel auf europäischer und internationaler Ebene gehabt und maßgeblich zu ihrer Sicherstellung beigetragen. Er hat der Qualität ein Gesicht gegeben und dafür gesorgt, dass Europa auf internationaler Ebene sehr deutlich wahrgenommen wurde.

Jean-Louis Robert vertritt seine wissenschaftlichen Ansichten mit Leidenschaft. In den vielen Jahren unserer Zusammenarbeit, zunächst als Mitglied der Quality Working Party und später in meiner Funktion im EDQM, habe ich jedoch, wie viele andere europäische und internationale Kolleginnen und Kollegen, neben seiner wissenschaftlicher Expertise und seinem umfangreichen regulatorischen Erfahrungsschatz insbesondere auch seine Fähigkeit schätzen gelernt, schwierige Sachverhalte zu adressieren, konstruktive Lösungen zu finden, auszugleichen und zwischen manchmal divergierenden Interessen verschiedener Parteien oder Mitgliedsstaaten zu vermitteln, ohne dabei auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu reduzieren.

Wir alle, die wir in den verschiedenen Gremien und auf verschiedenen Ebenen mit ihm zusammengearbeitet haben, schätzen neben all diesen Fähigkeiten seine Professionalität, seine menschlichen Qualitäten und seine humorvolle Art und wissen, dass wir uns jederzeit auf ihn verlassen können.

Lieber Jean-Louis, es ist mir eine besondere Freude, Dir nun im Namen der DGRA die Walter Cyran Medaille 2019 für Deine besonderen Verdienste um die Harmonisierung regulatorischer Anforderungen und die Sicherung der Arzneimittelqualität auf europäischer und internationaler Ebene zu verleihen verleihen.

BILDERGALERIE

Preisverleihung 2019