Förderung wissenschaftlicher Arbeit

Verleihung der Walter-Cyran-Medaille 2014

Dr. Rembert Elbers

Dr. Rembert Elbers (links) mit dem DGRA-Vorsitzenden, Dr. Ulrich Granzer (rechts) (Quelle: Dr. Helga Blasius)


Laudatio von Dr. Matthias Dormeyer

Sehr geehrte Damen und Herren,

mit Rembert Elbers wird die Walter Cyran Medaille 2014 einem Preisträger verliehen, der in den letzten Jahren – wahrscheinlich sogar Jahrzehnten –eine zentrale Figur in der regulatorischen Welt in Deutschland und der EU gewesen ist.

Bevor ich Ihnen die Stationen seines Lebens beschreibe, möchte ich Ihnen kurz meinen ersten Kontakt mit Rembert Elbers schildern. 2007 war ich selbst MDRA Student und ich hatte überlegt, meine Master Thesis über Orphan Drugs zu schreiben. Mein Gedanke war, ihn als EU Papst der Orphan Drugs zu fragen, ob er bereit wäre, als Zweitgutachter meiner Thesis zu fungieren und mir natürlich auch bei inhaltlichen Fragen zur Seite zu stehen.

Ich habe ihn entsprechend angerufen, das Ganze etwas schüchtern unter dem Vorwand, mit ihm über eine Frage zu einem Orphan Designation Antrag reden zu wollen, den ich damals für einen Kunden erstellte. „Worum geht es dabei?“ wollte er direkt wissen. Ich habe dann angefangen das Projekt zu skizzieren, Indikation, wissenschaftlicher Ansatz und so weiter, bin aber nicht weit gekommen, er hat mich sehr schnell unterbrochen wurde: „Glaube ich nicht, dass das geht!“ Ich war zugegeben etwas verdattert und hatte noch überlegt, wie ich mit dieser direkten und doch recht deutlichen Fundamentalkritik umgehen sollte, als er mich schon aufforderte „Aber machen Sie mal weiter“. Er hat meine eigentliche Frage dann auch beantwortet und sich auch schnell und unkompliziert bereit erklärt meine Masterthesis zu betreuen. Die Orphan Designation wurde übrigens erfolgreich eingereicht, das Projekt aber kürzlich beendet.

Das war tatsächlich unser erster Kontakt und darin ist viel von dem zusammengefasst, wie man Rembert Elbers oft erlebt hat: Direkte, ehrliche, schnörkellos vorgetragene Rückmeldung (Fußnote: ob man die Rückmeldung mochte, steht natürlich auf einem anderen Blatt …). Man wusste und weiß bei Rembert Elbers woran man ist. Das ist eine Aufrichtigkeit, die ich persönlich sehr schätze.

Die Erfahrung, dass Rembert Elbers ein „Mann der klaren Worte“ ist, haben sicherlich auch andere gemacht. Beispiel, ein Artikel aus dem Spiegel von 2010, in dem es um mögliche Probleme mit Hydroxyethylstärke (HES) ging: Tatsächlich jedoch wurden die ersten HES-Produkte in Deutschland vor rund 35 Jahren zugelassen - ohne nach heutigen Standards erprobt zu sein. Seitdem kamen zwar zahlreiche weitere HES-Produkte auf den Markt - doch alle, ohne zuvor ein volles Zulassungsverfahren durchlaufen zu haben. "Auch neuere HES-Zulassungen beziehen sich noch immer auf die ursprünglichen Daten aus den siebziger Jahren", erklärt Rembert Elbers, der Leiter des zuständigen Fachbereichs im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. "Sie werden nur aufgepeppt durch kleine ,Brückenstudien' und durch vielzitierte Literatur." (Beide Zitate Ende)

Aber kommen wir zu seinem Werdegang. Rembert Elbers kommt aus Berlin und hat 1968 – 1974 in Hannover und München Chemie und Medizin studiert und dann 1971 – 1976 an der LMU München über zellulären Energiemetabolismus promoviert. Er ist weitere zehn Jahre in München geblieben, wo er am Walter Straub Institut für Pharmakologie eine Arbeitsgruppe geleitet hat, die im Bereich der molekularen Toxikologie tätig war.

Im Jahre 1986 hat er seine Forscherkarriere beendet und ist zur deutschen Behörde gewechselt, wo er sich um die wissenschaftliche Koordination der Zulassung neuer Wirkstoffe gekümmert hat. Weiterhin war er verantwortlich für „European and International matters relating to drug regulatory affairs”. Im Rahmen dieser Aufgabe war er damals an Themen beteiligt, die wir heute als Selbstverständlichkeit empfinden, so zum Beispiel das Erstellen der „Notice to Applicants“. Rembert Elbers war weiterhin in der Zeit Vertreter Deutschlands im CPMP, dem Vorgänger des heutigen CHMP. Ich selbst war in diesen Jahren noch nicht regulatorisch tätig und habe es direkt  nicht erlebt, aber soweit ich die Berichte Dritter verstehe, war das „europäische Herz beim BfArM“. Ein Gesprächspartner von mir sagte sogar „er war nicht nur Herz, sondern auch Außenminister“, da er damals durch Deutschland und Europa gereist ist, um die EU Verfahren vorzustellen und zu erklären.

Im Jahre 2000 hatte sich sein Aufgabenbereich beim BfArM geändert. Er wurde Fachgebietsleiter für Onkologie, Hämatologie und Immunologie. Außerdem wurde er zum dem Zeitpunkt der Vertreter Deutschlands im neu gegründeten Committee for Orphan Medicinal Products, COMP. Diese Positionen hatte er bis zu seinem Ruhestand 2013 inne. Das sind vermutlich auch die Positionen, in denen die meisten von uns Rembert Elbers erlebt haben.

Im COMP hatte er mit seiner Erfahrung (und sicherlich auch durch seine Persönlichkeit) eine zentrale Rolle. Vor wenigen Wochen hatte ich ein Gespräch mit Bruno Sepodes, dem aktuellen Chair des COMP, der Rembert Elbers als „unseren Großmeister“ bezeichnete. Oder ein persönliches Beispiel für seine Präsenz im CHMP: Wenn ich einen Kunden auf eine „Oral Explanation“ im Rahmen des Orphan Designation Verfahrens vorbereitet hatte und gefragt worden bin, ob man damit rechnen muss, dass das COMP zusätzliche Fragen stellt, war meine Standardantwort „Wenn das deutsche COMP Mitglied im Raum ist, mit Sicherheit.“

Aber der Einsatz von Rembert Elbers im Rahmen der „seltenen Erkrankungen“ war nicht auf die rein regulatorischen Tätigkeiten beschränkt. Das Schicksal und das Wohlergehen an den betroffen Patienten lag ihm ganz klar am Herzen. Ich vermute, es ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass er Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der ACHSE ist, der „Allianz der Chronischen Seltenen Erkrankungen“, einem Netzwerk von über 110 Selbshilfeorganisationen.

Wie wichtig er dem COMP war, ist – wenn ich das richtig mitbekommen habe – auch daraus ersichtlich, dass er heute noch bei kniffeligen Fragen als externer Experte hinzu gezogen wird.

Ich habe jetzt verschiedentlich die wissenschaftliche Orientierung von Rembert Elbers erwähnt. Vor dem Hintergrund war es natürlich nur konsequent, dass er über all die Jahre ein präsenter und wichtiger Vertreter bei wissenschaftlichen Beratungsgesprächen war. Das gilt nicht nur für nationale Beratung beim BfArM, sondern auch auf EU-Ebene: Rembert Elbers war über viele Jahre Mitglied der Scientific Advice Working Party, SAWP. Durch seine Anfangs erwähnten zwei Studiengänge, Chemie und Medizin, und durch all seine Erfahrung, die er über die Jahre sammeln konnte, hat er ein sehr breites wissenschaftliches Spektrum , was in wissenschaftlichen Beratungen gerne angenommen wurde und sicherlich für die weitere Entwicklung von Arzneimitteln sehr förderlich war.

Diese wissenschaftliche Orientierung zieht sich übrigens bis in sein Privatleben: Sein Steckenpferd ist natürlich auch wieder wissenschaftlich. Es handelt sich um das Thema chemische Evolution oder „Origin of Life“ also der großen Frage, wie das Leben vor einigen Milliarden Jahren aus unbelebten organischen Molekülen entstanden ist.

Diese Kombination aus einer tiefen wissenschaftlichen Orientierung und fundierter regulatorischer Kenntnisse (und dem klaren Bewusstsein, wo die Trennung zwischen beiden verläuft), verbunden mit einem analytischen, kritischen Geist und schnörkelloser Direktheit ist in der Weise sicherlich einmalig.

Bitte erlauben Sie mir zum Abschluss ein paar persönliche Worte: Ich selbst habe von Ihnen, lieber Herr Elbers, sehr viel über Orphan Drugs gelernt. Und ich muss gestehen, mit einem gewissen Stolz damit zu prahlen, dass ich mich – obwohl selbst nie Behördenmitarbeiter – als einen Abgänger der „elbersschen Schule“ betrachte.

Wahrscheinlich haben einige von Ihnen 2007 die sehr schön gemachte Dokumentation „Helmut Schmid außer Dienst“ im Fernsehen gesehen, in der Sandra Maischberger Exbundeskanzler über einige Zeit begleitet hat und zu der Schlussfolgerung kommt, dass er noch voll im Dienst ist, obwohl seit Jahren nicht mehr im Amt. Ein wenig habe ich den Eindruck, dass es bei Ihnen nicht anders ist, Herr Elbers, aber ich hoffe, dass Ihnen die regulatorischen Aktivitäten Luft lassen, dass Sie sich in etwas mehr Ruhe Ihrem Steckenpferd widmen können.

Ich glaube, ich spreche im Namen aller, wenn ich Ihnen dabei alles Gute wünsche.

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BILDERGALERIE

Preisverleihung 2014